Gefählicher Lesevirus in All die verdammt perfekten Tage von Jennifer Niven entdeckt. Das Buch kann LESEN verursachen oder eine bereits bestehende Influenza Bookosa verschlimmern!
Titel: All die verdammt perfekten Tage
Autor: Jennifer Niven
Veröffentlichung: 28. Dezember 2015
Verlag: Limes (Broschiert)
ISBN: 978-3809026570
Weitere Ausgaben: eBook, Hörbuch,
Originaltitel/-verlag: All the bright places
Übersetzung: Aus dem Englischen von Alexandra Ernst
Hörbuch Sprecher: Annina Braunmiller-Jest, Patrick Mölleken
Bücherregal: Jugendbuch
Tags: bipolare Störung, Depressionen, Wandschrank, Freak, Verlust, Herzschmerz, Schuld, Tod, Selbstmord, Liebe
Erster Satz
Ist heute ein guter Tag zum Sterben?
Inhalt
Zwei Teenager begegnen sich auf einem Glockenturm. Nur einen Sprung vom Lebensende entfernt. Er rettet sie und sie ihn. Liebe flammt auf. Aber reicht das aus, um das zu überwinden, was beide an den Abgrund trieb?
Meinung
„All die verdammt perfekten Tage“ von Jennifer Niven zählt definitiv zu meinen Lesehighlights 2015. Im Bereich Jugendbuch würde ich es gleichauf mit „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ von Jasmine Warga auf Platz eins meiner persönlichen Charts setzen. Beiden Autorinnen gelingt es in besonderer Weise den Themenkomplex „Depressionen, seelische Erkrankungen, Suizid“ in eine Geschichte einzuflechten und stets den richtigen Ton zu treffen. Nachdem ich von „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ bereits zu Genüge geschwärmt habe, möchte ich euch heute an meinem ultravioletten Leseerlebnis namens „All die verdammt perfekten Tage“ teilhaben lassen.
Die langweiligste Nachricht zuerst: es geht wieder mal um Liebe. Um Sinnsuche. Um Probleme. Um Herzschmerz. Um Zweifel. Typisch Jugendbuch möchte man einwerfen und sieht unweigerlich flennende Teenager vor sich, die Protagonist X anhimmeln, der zufälligerweise ANDERS, aber doch auf seine Art supersüß und interessant ist. Auch in „All die verdammt perfekten Tage“ gibt es diese (un)coole Außenseiterfigur: Finch, der Freak. ABER: Jennifer Niven weiß mit besagten Zutaten besser umzugehen als viele andere Autorinnen und Autoren ihres Fachs. Weil sie so talentiert ist? Nicht nur. Aber dazu später mehr.
Schon der Einstieg in die Geschichte ist überaus gelungen. Der Leser lernt die Protagonisten Violet und Finch in luftigen Höhen kennen. Beide stehen auf einem Glockenturm und „proben“ den Selbstmord. Die Situation ist skurril und komisch, denn natürlich ist dem Leser klar, dass nicht auf den ersten Seiten eine der Hauptfiguren aus dem Leben scheiden wird. Dennoch ist sie ungemein wichtig, sie rollt die Fäden aus, die sich wie ein Netz durch das Buch spannen und alles gekonnt miteinander verbinden.
In der Folge - nein, ich spoiler nicht, denn was ich nun schreibe steht im Klappentext und ist zudem das Naheliegendste auf der Welt - kommen sich Violet und Finsch näher und entdecken in all ihrer Verschiedenheit immer mehr verbindende Gemeinsamkeiten. Dort, wo es wirklich zählt, sind sie einander nah. Sie öffnen sich und die Welt wird ultraviolett. Für einen Tag perfekt.
Wenige Stunden ist das Leben vollkommen. Es erblüht wie die Blüten der „Königin der Nacht“. Doch der Zauber ist schon wieder vorbei, ehe man es wirklich begriffen hat. Schnell. Zu schnell. Denn Liebe ist nicht das Allheilmittel, das alle Probleme aus dem Weg räumen kann (auch wenn dem Leser dies besonders im Bereich der Jugendliteratur oft vorgegaukelt wird). Wenn Probleme seelische Krankheiten (z.B. bipolare Störungen) sind, dann kann Liebe die Symptome lindern, dann kann es die Krankheit verschleiern helfen. Aber Liebe ersetzt keine professionelle Hilfe.
Jennifer Niven gelingt der Spagat zwischen traurig-schöner Liebesgeschichte (der Leser möchte unterhalten werden) und realitätsnahem Selbstmord-Drama. Immer wenn ich Kitschgefahr witterte, bog die Autorin im richtigen Moment ab und schlug ernste Töne an, immer wenn es melodramatisch zu werden drohte, trat sie auf die Bremse. Dass ihr dies so gut gelingt mag viel mit Talent und harter Arbeit zu tun haben, aber sicher auch mit ihrer persönlichen Betroffenheit. Die Autorin ist (wie sie im Nachwort verrät) selbst „Überlebende eines Selbstmords“. Dieses Wissen um die Situation von Angehörigen merkt man der Geschichte positiv an.
Fazit
All die verdammt perfekten Lesestunden, die mir dieses bezaubernde* Buch schenkte, möchte ich nicht missen. Der Roman von Jennifer Niven kann unterhalten, er kann nachdenklich machen, er kann …
Reicht das nicht? Lest dieses Buch (erscheint am 28.12.2015) und lasst euch fallen. Fragt euch nicht immer, was es euch bringt. Es geht nicht um das, was man mitnimmt, sondern um das, was man zurücklässt**.
* „Bezaubernd“ ist ein Wort das viel öfter benutzt werden sollte. 😉
** Irgendwo aufgeschnappt … vielleicht in diesem tollen Buch.
…
Seid ihr neugierig geworden? Dann lest doch mal rein …
…
…
… oder bestellt das Buch direkt bei der …
Frohes LESEN. 🙂
Einschätzung
Wie hoch ist das Infektionsrisiko bei diesem Buch und welche Personen sind besonders gefährdet? Wir haben einige ausgewiesene Bookosa-Experten zum Gefahrenpotential von All die verdammt perfekten Tage befragt.
Risiko |
Experten-Einschätzung |
Denise: Was macht dein Leben lebenswert? Voller Gefühl, ohne Schonung und mit Humor macht sich Jennifer Niven Gedanken. [mehr] | |
Jess: Eine sehr emotionale Achterbahnfahrt, welche erst nach vollendeter Lektüre seine eigentliche Wirkung entfaltet. [mehr] | |
Lotta: Eine Geschichte, die leise & romantisch beginnt & sich mit viel Lärm & den ganz großen Emotionen einfach in mein Herz gefressen hat. Finch❤ [mehr] |
…
Dies & das
- Jennifer Niven ist selber „Überlebende eines Selbstmords“. Sie hat vor Jahren einmal einen Jungen geliebt und verloren. Diese Erfahrung hat ihr Leben verändert.
- Eine Hollywood-Verfilmung von „All die verdammt perfekten Tage“ ist bereits in Planung. Über möglich Darstelller ist noch nichts bekannt.
- Der Roman wird gern mit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green verglichen (für mich persönlich hinkt der Vergleich jedoch, aber das muss jeder selbst beurteilen)
Huhu,
ich hab das Buch jetzt durch und bin irgendwie nicht so recht begeistert. Das Ende war zwar (wie versprochen) echt lesenswert, aber ich finde, das konnte die Längen im Mittelteil nicht recht wettmachen.
Ich hab deine Rezension auf meinem Blog verlinkt und hoffe, du hast nichts dagegen. Du kannst es dir HIER anschauen.
Alles Liebe, Nelly
Hallo Nelly,
das ist doch das Schöne an Büchern. Sie wirken auf jeden anders. Oft hängt es nicht nur vom Geschmack, sondern von der Lebensphase und so vielen anderen Dingen ab. Zu meinem Jahr passte es einfach perfekt. Wenn du willst nehme ich deine kritische Meinung gerne mit auf bei den Expertenmeinungen. Hast du Lust? Angebot gilt natürlich auch für John Green etc.
Alles Liebe
Michael